Workshop an der TU Darmstadt, Institut für Philosophie: „Human Enhancement – Historische, philosophische und ethische Aspekte“

Workshop an der TU Darmstadt, Institut für Philosophie:

Human Enhancement – Historische, philosophische und ethische Aspekte“

Organisatoren: Christopher Coenen (TAB), Stefan Gammel (nanobüro), Reinhard Heil, Dr. Andreas Woyke

Termin: 9.-10.3.2009

Inhaltliche Skizze:

Im Zentrum des Workshops sollen Visionen und Vorstellungen stehen, die als Vorläufer der heutigen Diskurse um „human enhancement“ (HE) verstanden werden können. Dabei sind Autoren interessant, die etwa im Zeitraum 1880-1950 eine technologische Verbesserung physischer und psychischer Fähigkeiten des Menschen propagiert haben. Ähnlich wie bei den Diskussionen zu Möglichkeiten und Grenzen der Bio- und Gentechnologie gewinnt man auch im Blick auf aktuelle Debatte zu HE den Eindruck, dass hier völlig neue Fragestellungen aufgeworfen und erwogen würden. Demgegenüber steht fest, dass dieser Eindruck u. a. auf einer Ausblendung historischer Kontextualisierungen und einer Überbewertung spezifischer wissenschaftlich-technologischer Entwicklungen basiert. Hinsichtlich der verschiedenen Interessen der Organisatoren und der Bemühung um eine Kontinuierung der Auseinandersetzung mit HE in einem größeren thematischen und disziplinären Rahmen soll der geplante Workshop als eine Auftaktveranstaltung dienen, innerhalb derer wichtige Materialien gesammelt, relevante Positionen erwogen und zentrale Gesichtspunkte und Charakterisierungen herausgearbeitet werden sollen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen sollen in möglichen Folgeveranstaltungen weitere Themenfelder im Umfeld von HE betrachtet werden.

Entscheidende Fragestellungen:

- Lässt sich die Idee einer technischen Verbesserung menschlicher Fähigkeiten in einen kontinuierlichen Zusammenhang mit der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung bringen oder sind hierfür vor allem wesentliche Umbrüche im abendländischen Welt- und Selbstverständnis zu berücksichtigen? Als wie „neu“ kann in diesem Sinne die explizite Idee von HE angesehen werden? Lässt sich in begriffsgeschichtlicher Perspektive evtl. ein ursprüngliches Konzept fassen, an das zu Beginn das 20. Jhd. etwa Autoren wie Huxley, Haldane und Bernal anknüpfen und das – zumindest implizit – auch die aktuellen Diskurse bestimmt?

- Welche Autoren bestimmen in wesentlicher Hinsicht seit dem Ende des 19. Jhd. eine weitgehend affirmative Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer technologischen Verbesserung des Menschen? Welche wichtigen Unterschiede hinsichtlich disziplinärer Kulturen, nationaler Mentalitäten (USA, verschiedene europäische Länder, evtl. auch Israel und asiatische Länder) und historischen Entwicklungslinien gilt es zu konstatieren?

- Steht in den Debatten über Eugenik im 19. Jhd. die Vorstellung einer Abwehr von befürchteten Degenerierungsprozessen im Vordergrund, so geht es in den Diskursen über HE und bei ihren verschiedenen Vorläufen um Ideen einer moderaten oder auch radikalen Verbesserung der Fähigkeiten eines gesunden Menschen. Welche Zusammenhänge lassen sich hier historisch nachweisen und welche systematischen Folgerungen können hieraus abgeleitet werden?

- Welche Rolle spielt die sogenannte „Science-Fiction-Literatur“ bei der Konturierung von HE-Diskursen? Ist dabei ein wichtiger Zusammenhang u. a. darin zu erkennen, dass dynamische und evolutionäre Motive seit der zweiten Hälfte des 19. Jhd. in den modernen Naturwissenschaften große Bedeutung erlangen und insofern wissenschaftliche Einwände gegen eine „offene Zukunft“ und eine technologische Veränderung und Verbesserung des Bestehenden einschließlich der menschlichen Konstitution viel an Plausibilität verlieren? Kann dieser Zusammenhang evtl. auch als ein Indiz dafür interpretiert werden, dass eine substantielle Diskussion, Bewertung und Kritik von HE immer nur in einem Rekurs auf die Rekonstruktion der Transformationen unseres Naturverständnisses möglich sind?

Klientel und Organisatorisches:

Es wird eine konzentrierte Arbeit in einer kleineren Gruppe (ca. 10-15 Pers.) angestrebt. Dem Organisationsteam, das aus Vertretern des wissenschaftlichen Nachwuchses besteht, geht es um gute und sachliche Diskussionen und um den Aufbau einer kleineren Arbeitsgruppe für fruchtbare Formen der Zusammenarbeit. Für eine Kontinuierung des Projekts fassen die Organisatoren die Beantragung einer Forschungsförderung ins Auge. Eine Publikation der Workshopbeiträge in Buchform wird angestrebt. Möglich wäre auch eine Online-Publikation.