Lehre

Wintersemester 2010/2011

Dialektik der Säkularisierung – Politische, gesellschaftliche und philosophische Aspekte (BS) (mit Andreas Woyke und Stefan Gammel)

In unterschiedlicher Stoßrichtung wird aktuell von einer „Wiederkehr des Religiösen“, „Dialektik der Säkularisierung“ oder gar der „postsäkularen Gesellschaft“ gesprochen. Konturiert werden diese Debatten u. a. durch folgende Aspekte: In einer zunehmend globalisierten Welt wird der säkulare Westen eindringlich und z. T. auf gewaltsame Weise mit der Stellung religiöser Weltbilder und Werthaltungen in anderen Kulturen konfrontiert. Auch in den westlichen Demokratien Europas und der USA wird neu und vertieft über die gesellschaftlich-politische Bedeutung religiöser Traditionen nachgedacht. Jürgen Habermas liefert hierfür eine schöne und interpretationsoffene Chiffre, wenn er vom „Bewusstsein von dem, was fehlt“ spricht. Außerdem ist eine Wiederkehr des Streit zwischen Vertretern wissenschaftlicher und religiöser Weltbilder zu konstatieren, was sich etwa an der antireligiösen Polemik von Richard Dawkins und den verschiedenen Ansätzen eines Neokreationismus als Alternative zur Evolutionstheorie zeigt. Charakter, Hintergründe und mögliche Auswirkungen einer „Dialektik der Säkularisierung“ sollen im Seminar näher beleuchtet und diskutiert werden. Einleitend soll es um die Frage nach vor- und außerpolitischen Voraussetzungen des modernen Rechtsstaats und um einen möglichen Zusammenhang zwischen überzogener Religionskritik und religiösem Fundamentalismus gehen. Im Zentrum soll dann die Auseinandersetzung mit verschiedenen Verhältnisbestimmungen zwischen Naturwissenschaft, Religion und Philosophie stehen.

Sommersemester 2010

Human Enhancement – ethische und gesellschaftliche Aspekte (BS) (mit Andreas Woyke und Stefan Gammel)

Im Ausgang von US-amerikanischen Debatten gibt es mittlerweile auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die Möglichkeiten und Grenzen einer grundlegenden technologischen Verbesserung des Menschen im Sinne der englischen Bezeichnung „Human Enhancement“. Im Rückgriff auf neuere Entwicklungen in den Bio-, Informations- und Nanotechnologien sollen medizinische Innovationen nicht mehr auf die Therapie von Krankheiten und die Kompensation physischer oder psychischer Defizite beschränkt werden, sondern zu einer Optimierung der verschiedenen Fähigkeiten eines als „gesund“ bzw. „normal“ geltenden Menschen herangezogen werden. Die zunehmende Bereitschaft sich affirmativ mit solchen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, steht in einem engen Zusammenhang mit wichtigen gesellschaftlichen Tendenzen, die im Seminar exemplarisch analysiert und bewertet werden sollen. In unterschiedlichen Anteilen soll es um den gesellschaftlichen Trend zu Leistungs- und Effizienzdenken, um eine zunehmende Unterwanderung der Wissenschaft durch unseriöse und ökonomische Orientierungen, um die Präsenz und Ausbreitung technokratischer Zukunftsvisionen und um einen schleichenden Verlust „kritischer Intelligenz“ in der Philosophie, den Geistes- und Sozialwissenschaften gehen. Im näheren Blick auf konkrete technologische Entwicklungen sollen verschiedene Positionen zur Bewertung von Human Enhancement und den möglichen Folgen seiner Verbreitung und Forcierung untersucht und hinsichtlich ihrer Sachlichkeit und Legitimität eingeordnet werden. Dabei sollen sowohl affirmative Ansätze von Transhumanisten und liberalen Ethikern als auch kritische Ansätze von konservativen Ethikern und von Vertretern einer skeptischen Grundhaltung gelesen und diskutiert werden.

Wintersemester 2009/10

Die Träume der Genetik (S/PS) (mit Stefan Gammel und Andreas Woyke), am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt

Im Zentrum dieses Blockseminars steht weniger die aktuelle Genetikdiskussion, sondern vielmehr die Frage nach dem Selbstverständnis der „Gründerväter“ der Genetik und der zeitgenössischen Kritik. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf programmatischen Texten, die im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschienen sind. Fast alle Genetiker, die die Entwicklung ihrer Disziplin maßgeblich beeinflussten, haben sich auch zu den möglichen gesellschaftlichen Folgen der Genetik geäußert. Nicht wenige sahen in der Genetik bzw. in ihrer Anwendung den Schlüssel zu einer besseren Welt und zur Kontrolle des Lebens. Diese programmatischen Texte wirken heute noch immer nach und bestimmen weiterhin das Selbstverständnis der Genetik und allgemein der Biowissenschaften. Unterbelichtet werden von diesen Autoren zumeist die möglichen negativen gesellschaftlichen Folgen der Genetik: Wichtige lebensweltliche Unterscheidungen wie die zwischen Natur und Technik, Gewachsenem und Gemachtem werden fraglich, wodurch substantielle ethische Orientierungen zunehmend in die Defensive geraten. Die Zukunftsvisionen der Genetiker stießen auf die Kritik von Autoren wie Helmuth Plessner, Hans Jonas, Erwin Chargaff und Paul Ramsey, deren Positionen ebenfalls besprochen werden sollen. Folgende Fragen sollen im Zentrum des Seminars stehen: In welchem gesellschaftlichen Kontext lassen sich die verschiedenen Genetiker verorten? Welche Gesellschaftsutopien werden von ihnen vertreten? Wie begreifen sie ihre Forschung? Welche Auswirkungen auf das Bild vom Menschen und von der Natur insgesamt hat die Genetik?

Sommersemester 2008

Seminar: Kapitalismus und Depression (mit Jochen Schwenk), am Institut für Soziologie der Technischen Universität Darmstadt

Kapitalismus und Tradition passen schlecht zusammen. Das hatten bereits Karl Marx und Friedrich Engels erkannt, als sie über die bürgerliche Gesellschaft schrieben: „Alle festen, eingerosteten Verhältnisse mit ihrem Gefolge von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen werden aufgelöst, alle neugebildeten veralten, ehe sie verknöchern können“. Kapitalistische Gesellschaften sind beständig im Umbruch begriffen und in diesem Sinne posttraditionale Gesellschaften. Sie sind auch durch eine Zunahme an Freiheit gekennzeichnet. Was in der freudschen Psychoanalyse als Über-Ich und in der Herrschaftssoziologie Max Webers als traditionale Herrschaft thematisiert wird, steht durch die permanente Umwälzung der kapitalistischen Moderne beständig in Frage. Das einzelne Subjekt findet sich vom autoritären Zwangsapparat traditionaler Normensysteme freigesetzt. Gleichzeitig eröffnet sich damit eine neue Problemlage, die Alain Ehrenberg folgendermaßen charakterisiert: „Sich befreien macht nervös, befreit sein depressiv“. Die gewonnene „Freiheit zu“ erfordert Entscheidungen, macht eine ständig aufs Neue zu treffende Wahl notwendig, die – so die Thesen Ehrenbergs – zu einer strukturellen Überforderung der Subjekte führt: Sie werden depressiv.

Das Seminar nimmt von diesem Befund seinen Ausgang. Es greift die These Ehrenbergs auf, um davon ausgehend an Hand neueren soziologischen Studien exemplarisch im Bereich der Arbeit (Boltanski/ Chiapello) sowie der Gefühle (Illouz) dieser systematischen Überforderung der Subjekte nachzuspüren.

Literatur:

Boltanski, Luc/ Chiapello, Ève (2003): Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz: UVK.

Ehrenberg, Alain (2004): Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart, Frankfurt/ New York: Campus.

Illouz, Eva (2006): Gefühle im Zeitalter des Kapitalismus, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Diese Veranstaltung wurde um Rahmen des Evaluationsprogramms des FB 2 der TUD evaluiert: Evaluationsbericht.

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Sommersemester 2007

Seminar: Theorien der Unsterblichkeit, am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt

Menschen sind sterblich. Sind Sie es aber wirklich? Könnten Sie unsterblich sein? Vor llem aber: Wie lässt sich Unsterblichkeit denken? Als jenseitige Ewigkeit, in die man eintreten kann? Als endloses Weiterleben – mit und ohne die Möglichkeit eines freiwilligen Todes? Als Lebenswiederholung und/oder Wiedergeburt? Ist sie erstrebenswert? Nicht der schlichte religiöse Glaube an Unsterblichkeit (der Seele o. ä.) ist Thema der eranstaltung, sondern diskutiert werden sollen philosophische Versuche der Auseinandersetzung mit dem Problem der Unsterblichkeit.

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Wintersemester 2004/2005

Seminar: Entwicklungslinien der Technikphilosophie (mit Petra Gehring / Marc Ziegler) , am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt

Die Träume der Genetik

Im Zentrum dieses Blockseminars steht weniger die aktuelle Genetikdiskussion, sondern vielmehr die Frage nach dem Selbstverständnis der „Gründerväter“ der Genetik und der zeitgenössischen Kritik. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf programmatischen Texten, die im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschienen sind. Fast alle Genetiker, die die Entwicklung ihrer Disziplin maßgeblich beeinflussten, haben sich auch zu den möglichen gesellschaftlichen Folgen der Genetik geäußert. Nicht wenige sahen in der Genetik bzw. in ihrer Anwendung den Schlüssel zu einer besseren Welt und zur Kontrolle des Lebens. Diese programmatischen Texte wirken heute noch immer nach und bestimmen weiterhin das Selbstverständnis der Genetik und allgemein der Biowissenschaften. Unterbelichtet werden von diesen Autoren zumeist die möglichen negativen gesellschaftlichen Folgen der Genetik: Wichtige lebensweltliche Unterscheidungen wie die zwischen Natur und Technik, Gewachsenem und Gemachtem werden fraglich, wodurch substantielle ethische Orientierungen zunehmend in die Defensive geraten. Die Zukunftsvisionen der Genetiker stießen auf die Kritik von Autoren wie Helmuth Plessner, Hans Jonas, Erwin Chargaff und Paul Ramsey, deren Positionen ebenfalls besprochen werden sollen. Folgende Fragen sollen im Zentrum des Seminars stehen: In welchem gesellschaftlichen Kontext lassen sich die verschiedenen Genetiker verorten? Welche Gesellschaftsutopien werden von ihnen vertreten? Wie begreifen sie ihre Forschung? Welche Auswirkungen auf das Bild vom Menschen und von der Natur insgesamt hat die Genetik?